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Open Market Value

Das „Rote Buch“ des Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) definiert den Market Value wie folgt:

“The estimated amount for which a property should exchange on the date of valuation between a willing buyer and a willing seller in an arm’s-length transaction after proper marketing wherein the parties had each acted knowledgeably, prudently and without compulsion.”
Das Royal Institution of Chartered Surveyors hat im Jahre 2002 die Definition des dahin gehenden Open Market Value (OMV) aufgegeben und diese durch den vorstehenden „Market Value (MV)“ ersetzt. Nach der bis 2002 geltenden angelsächsischen Definition des Open Market Value definierte sich dieser als der „beste Preis“. Hieran ist von deutscher Seite Kritik geübt worden. Die neue Definition entspricht der Interpretation des für die Ermittlung des Verkehrswerts (Marktwerts) maßgeblichen gewöhnlichen Geschäftsverkehrs, wie sie schon vom BFH vor über 30 Jahren herausgestellt

Bei genauerer Betrachtung fallen die Unterschiede des Market Value (als den nach den gegebenen Erläuterungen best price) zum deutschen Verkehrswert geringer aus, als es auf den ersten Blick erscheint:

a) Zum Ersten wird der Market Value auch in der angelsächsischen Wertermittlungslehre nicht als der „best price“ definiert, wie er sich unter mehr oder minder spekulativen Erwartungen ergibt. Vielmehr geht es auch hier um den best price“ unter gemeingewöhnlichen Verhältnissen.

b) Des Weiteren darf nicht übersehen werden, dass auch der Verkehrswert zumindest bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens aus den „best prices“ abgeleitet wird, denn die in die Kaufpreissammlung eingehenden Vergleichspreise stellen i.d.R. solche „Bestpreise“ dar. Grundstücke werden nämlich in aller Regel erst nach zähen Verhandlungen an den Höchstbietenden veräußert, so dass insofern auch die Kaufpreissammlung durch Höchstpreise geprägt wird. Wenn dann der Verkehrswert im Wege der Aggregation der zum Vergleich in Betracht kommenden „Höchstpreise“ abgeleitet wird, so kann darin ein statistisch abgesichertes Höchstpreisprinzip erblickt werden.

c) Sofern ein Grundstück Entwicklungspotenziale aufweist, folgt wie dargestellt auch die deutsche Wertermittlungslehre dem Prinzip des „highest and best use“ (so z.B. bei Anwendung des Ertragswertverfahrens

Die ausdrückliche Hervorhebung des „best price“ in der Erläuterungen des Red Book (2002) ist bei alledem nicht ungefährlich, da sie dazu verführen muss, aus einer Vielzahl von zum Preisvergleich sich anbietenden Kaufpreisen einen spekulativ überhöhten Kaufpreis zum Maßstab der Verkehrswertermittlung zu machen.

Während nämlich in der deutschen Praxis der Verkehrswertermittlung dieser als (gewogenes) Mittel aus einer Vielzahl von Vergleichspreisen abgeleitet wird, die ohnehin schon allesamt regelmäßig als Höchstpreise Eingang in die Kaufpreissammlung gefunden haben, legen die Erläuterungen zum Market Value nahe, diesen allein aus dem höchsten der in Betracht kommenden Vergleichspreise abzuleiten. Bodenpolitisch abträglich ist dies mit einem sog. Leitereffekt verbunden und steht dem Gedanken der Ausgleichsfunktion einer sich nach dem Verkehrswert bemessenden Enteignungsentschädigung entgegen. Darüber hinaus ist die Interpretation auch wertermittlungstechnisch bedenklich. Geht man nämlich davon aus, dass sich auch der Market Value nicht auf sog. „Ausreißer“ stützen soll, die nicht mehr dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr zuzurechnen sind, so spitzt sich die kritische Frage der Ermittlung des Market Value auf die entscheidende Frage zu, wo die Grenze zu ziehen ist, die zum Ausschluss solcher Ausreißer führt. (vgl. Kleiber digital-online, Teil IV, Ziffer 2.6.4)

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