Von einem Überbau spricht man, wenn ein Bauwerk zu einem Teil auf dem benachbarten Grundstück errichtet wurde. Dabei ist nach drei Formen des Überbaus zu unterscheiden:
a) dem rechtmäßigen Überbau mit Einverständnis des Nachbarn
b) dem unbeabsichtigten und entschuldigten Überbau ohne Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
c) dem unentschuldigten Überbau aufgrund von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit
Beim rechtmäßigen Überbau liegt das Einverständnis des Nachbarn vor. Die Eigentumsverhältnisse bestimmen sich wie beim entschuldigten Überbau nach § 912 ff. BGB.
Ein gegen das geltende Baurecht oder gegen die allgemein geltenden Regeln der Baukunst verstoßender Überbau muss nicht geduldet werden.
Gemäß § 912 BGB (Überbau; Duldungspflicht) gilt:
(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der Nachbar den Überbau zu dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.
(2) Der Nachbar ist durch eine Geldrente (Überbaurente) zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.
Der Überbau wird jedoch nicht wesentlicher Bestandteil des überbauten Grundstücks, sondern des Grundstücks, von dem aus die Überbauung erfolgte. [1]
Der Überbau bleibt somit im Eigentum des Überbauers. Als Ausgleich für die Duldungspflicht ist der Eigentümer des überbauten Grundstücks durch eine Geldrente gem. § 912 Absatz 2 zu entschädigen.
Die Überbaurente wird normalerweise als Reallast im Grundbuch des anderen Grundstücks, von dem der Überbau ausgeht, eingetragen. Die Rente ist jährlich im voraus von dem jeweiligen Eigentümer des anderen Grundstücks, von dem überbaut wurde, zu entrichten (§ 913 Abs. 1 BGB)
Gemäß § 915 BGB (Abkauf) gilt:
(1) Der Rentenberechtigte kann jederzeit verlangen, dass der Rentenpflichtige ihm gegen Übertragung des Eigentums an dem überbauten Teil des Grundstücks den Wert ersetzt, den dieser Teil zur Zeit der Grenzüberschreitung gehabt hat. Macht er von dieser Befugnis Gebrauch, so bestimmen sich die Rechte und Verpflichtungen beider Teile nach den Vorschriften über den Kauf.
(2) Für die Zeit bis zur Übertragung des Eigentums ist die Rente fortzuentrichten. Bei der Verkehrswertermittlung des überbauten Grundstücks wird eine Wertminderung nur insoweit berücksichtigt, als sie nicht durch den Wert der Überbaurente ausgeglichen ist.
Bei der Verkehrswertermittlung von unbebauten Grundstücken ist zunächst der Bodenwert für die nicht vom Überbau bedeckte Fläche zu ermitteln. Diesem Wert ist dann der Wert der Überbaurente hinzuzurechnen.
Nach § 912 Abs. 2 BGB ist der Nachbar, dessen Grundstück überbaut worden ist, durch eine Geldrente (Überbaurente) zu entschädigen. Die Rente ist nach § 913 Abs. 1 BGB von dem „jeweiligen Eigentümer des anderen Grundstücks“, von dem übergebaut worden ist, zu entrichten.
Die Rente ist nach § 913 Abs. 2 BGB jährlich im Voraus zu entrichten. Das Rentenrecht geht allen übrigen Rechten vor (§ 914 Abs. 1 BGB) und wird gemäß § 914 Abs. 2 BGB nicht in das Grundbuch eingetragen; die Überbaurente wird jedoch im Grundbuch des anderen Grundstücks als Reallast abgesichert. Im Übrigen finden die Vorschriften Anwendung, die für eine zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks bestehende Reallast gelten (§ 914 Abs. 3 BGB).
Für die Höhe der Überbaurente ist nach § 912 Abs. 2 Satz 2 BGB ist „die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend“. Durch die Überbaurente soll nämlich der Nutzungsverlust ausgeglichen werden, den der Eigentümer des überbauten Grundstücks zum Zeitpunkt des Überbaus erleidet.
Dies gilt auch dann, wenn
a) der Überbau zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt wurde, und
b) im Falle des Eigengrenzüberbaus.
Für die Bemessung der Überbaurente gelten auch in diesem Falle die allgemeinen Wertverhältnisse zum Zeitpunkt des Überbaus. Bei einem Eigengrenzüberbau entsteht das Rentenzahlungsrecht mit der Errichtung des Überbaus und nicht erst mit dem Übergang an einen anderen Eigentümer. Die der Ermittlung der Überbaurente zu Grunde zu legende Verzinsung ist eine Frage des Einzelfalls. Das OLG Stuttgart hat eine angemessene Verzinsung mit höchstens 9% und das AG Landau mit 8% angenommen.
Aus § 912 Abs. 2 Satz 2 BGB folgt auch, dass die Überbaurente nicht der Entwicklung auf dem Grundstücksmarkt angeglichen werden darf. Das bedeutet, dass in den meisten Fällen die Überbaurente wegen der stark angestiegenen Bodenpreise bereits nach wenigen Jahren ihre praktische Bedeutung verliert. (vgl. Kleiber digital online Ziffer 3.2.2)
Der Überbau kann z.B. aus der Flurkarte ersehen werden, denn i.dR. ist in der Flurkarte auch der Gebäudeumriss eingezeichnet. Hieraus ersichtlich ist dann bei der Verkehrswertermittlung ob beispielsweise ein Überbau vorliegt.
Sofern ein Überbau vorliegt, muss im Rahmen der Verkehrswertermittlung gegebenenfalls eine Überbaurente ermittelt werden.
[1] vgl. Kleiber, a.a.O. Seite 2278
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